Wednesday, May 14, 2008

Victory Day

Am 9. Mai hat die nation den Siegestag gefeiert, wie so treffend formuliert, den "letzten verbliebenen wahren feiertag". und tatsaechlich, wen man die feiertage in dem russischen kalender anschaut, sind es zwar eine menge, allerdings entweder kirchliche, neu dazugekommene, die bei weitem nicht die nation vereinen, zumal die nation aus 30% muslimen, juden und anderen konfessionen, und unzaehligen atheisten besteht. dann kommen die traditionellen feiertage, wie der 23. februar, der armeetag, eher gefeiert wie der "maennertag", und der 8. maerz, der frauentag. die durch den bruch mit dem kommunismus und den daraufhin gefolgten revival vom sowjetischen unter putin entstandene unsicherheit, was und wie man in die ex-sowjetischen feiertage interpretieren soll, und im gegensatz, wie man zu den "neuen" feiertagen wie Verfassungstag, Unabhaengigkeitstag etc. stehen soll, fuehrte zu einer formell konstituierten, aber szmbolisch und dementsprechen interpretativ und mobilisierend leeren menge an feiertagen, die hoechstens menschen dazu bewegen koennen, sich zu betrinken.

nun bleibt der 9. mai. offiziell als Siegestag gefeiert, hat es wenig mit dem eigentlichen sieg ueber Nazi-Deutschland zu tun, wenn auch genau dies immer wieder in der symbolik und erinnerungen auftaucht. an sich ist es aber ein nationaler manifest der einigkeit, von einem vielvoelkerstaat gefeiert, dem genau die oefters abhanden kommt, und auch ein fest, welches ein maechtiges potential an erziehung im sinne von respekt vor der alten generation, dankbarkeit fuer die erhaltene freiheit, und einem nationalen stolz inne haelt.

das jetzige regime nutzt es sicherlich mit einer berechtigten polittechnologischen ueberlegung aus, denn immer wieder bemerkt man trotz aller erfolge, und gerade vor dem hintergrund der misserfolge des regimes, dass es schlicht an einer ideologie fehlt. jedes uebergreifende sozium im sinne einer territorialen einheit, oder einer nationalen entitaet hat zur erfolgreichen szstemregelung und krisenmanagement eine ideologie entwickelt, die eine gezielte entwicklung leitet und rechtfertigt, durch krisen hindurch unterstuetzt, und schlicht eine daseinsberechtigung fuer vieles bietet. sei es die europaeische idee, der amerikanische krieg gegen den terror und "export von freiheit", sowie der wirtschaftliche "amerikanische traum" von oekonomischer selbstbestaetigung, oder auch totalitaere ideologien und dogmatische schulen - es gibt an sich keinen unterschied. ein szstem muss immer ein formuliertes ziel funktionell verfolgen, und eben im russischen fall beobachten wir zur zeit einen drift und leere im ideologischen raum, trotz der versuche, einen "putin-plan" zu formulieren, der slogans von "souveraener demokratie", und einem reanimierten argument vom "sonderweg", der stark an das byzantinische verstaendnis des alten Russlands angelehnt ist.

nun bietet dieser feiertag eine moeglichkeit, einen "heiligen" feiertag zu konstituieren, ohne dabei in die nische des nationalismus und des dogmatismus zu fallen. diejenigen, die skeptisch auf die symbolik dieses feiertages, historisch-kritisch den anlass schauen, sollten sich folgendes vor die augen fuehren:

- nationsstiftende feiertage sind meist symbole, die als drehachsen der staatsidentitaet dienen, und jeder funktionierenden gesellschaft immanent sind. in faellen wie kosovo, kann eine missachtung der nationalstiftenden symbolik zu einer systemdesitegration und krise fuehren.

- es ist kein antideutschland-fest. falls die russen nachtragend waeren, oder ein polen-aehnlichesgeschichtsbewusstsein haetten, wuerde kein russe einem deutschen jemals die hand reichen. wie man hoffentlich merkt, ist es alles andere als so. man drueckt aber in erster linie den stolz und respekt vor den grossvaetern, denn es gibt keine einzige familie in der ex-udssr, die den krieg nicht al eine persoenliche tragoedie empfunden haette. man hat verziehen, wird aber nie vergessen.

- es soll auch, und gerade jetzt, in einer zunehmen isolativen internationalen umgebung und wiedererstarkung russlands als militaerische und wirtschaftliche macht, immer als signal nach innen und aussen dienen, dass jedermann sein land verteidigen kann und muss, und dass es keinem moeglich erscheinan mag, zerstoererisch auf das land von aussen einzuwirken

- ausserdem, nach jahrzehnten von nationaler erniedrigung und machtlosigkeit, erweckt es eine nationale erinnerung an die eigene macht, die im endeffekt auf den schultern vom volk ruht, dess es ist ein krige gewesen, der im wahren sinne des wortes vaterlaendisch gewesen ist, durch eine unmenschliche anstrengung von jedem gewonnen.

- hinzu kommen die aspekte des erfolges aufgrund von der zentralisierten lenkung, die natuerlich gerade jetzt den menschen gerne vor die augen gefuehrt werden, doch eine wuerdige feier von diesem tag gibt den menschen jederzeit stolz auf das eigene land, und vielleicht auch nachhaltigen leim in der gesellschaft, die sonst extrem stratifiziert ist, und nach zusammenhalt vergeblich sucht

all dies soll nicht der rechtfertigung von irgendwelchen heutigen strategien dienen, es soll einfach ein versuch sein, zu erklaeren, warum es bis heute, und gerade heute eine militaerparade auf dem roten platz gibt, warum auf einmal gerade die junge generation auf den russischen strassen mit sowjetischen flaggen und Georgij-baendern auflaeuft, und warum es so sehr zu missverstaendnissen mit den vertretern der westlichen kultur kommt, die es allerdings nicht vermissen, den 3. Oktober oder den 4. Juli gebuehrend zu feiern.

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